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Über Grenzen gehen
Charlotte Wächter

 

Während ich darüber nachdenke, wie ich einen möglichst galanten Einstieg in ein Thema formulieren soll, welches von derartiger Entmenschlichung spricht, weiß ich nur, dass ich nicht einfach nur Fakten runterrattern kann, die wir eigentlich alle längst kennen könnten. Mir bleibt das Gefühl, dass der einzige Weg, über Flucht zu sprechen, bzw. zu schreiben, von mir fordert, mich unentwegt meiner Perspektive zu stellen; zu wissen, dass – egal, wie tiefgehend ich mich informiere – ich das Grauen nie selbst erlebt haben werde, dass der Schmerz, den ich finde, nicht meiner ist. Ich meine damit: mich nicht darzustellen, als wüsste ich, was eine Flucht für einen Menschen bedeutet. Was ich aber sagen kann ist, dass das, was an unseren Grenzen passiert, mich die Rechtsstaatlichkeit in Europa infrage stellen lässt. Es gibt keine Menschenrechte an den Außengrenzen der EU, das ist offenkundig. 

Die Entmenschlichung an den Grenzen lässt sich so auch auf andere Formen der staatlichen Machtausübung gegenüber einer geflüchteten Person übertragen. Das bedeutet: Wenn ein Staat seine Souveränität gegenüber einer Person ausübt, die innerhalb dieses Staates (oder der EU) keine Bürger*innenrechte hat, spricht der Staat dem Menschen in doppeltem Sinne alle Rechte ab, da der Staat von seiner doppelten Übermacht Gebrauch macht. Dies passiert auch in Asylverfahren und Gerichtsprozessen zu Aufenthaltsrechten, wenn schutzbedürftige Menschen dem unterliegen, was der Staat über ihren Verbleib entscheidet. Sie haben in diesem Moment keine Entscheidungsgewalt über ihren Verbleib und keine Bewegungsfreiheit. Aus diesem Grund dienen eingescannte Formulare in über Grenzen gehen als Insignium dieser staatlichen Machtausübung auf das schutzsuchende Individuum. Die Formulare, genauso wie computergeneriertes Bildmaterial greifen visuell die Entmenschlichung, das Unnatürliche dieses Verfahrens auf. Dennoch sind diese beiden visuellen Komponenten der Emotionalität unterzogen, sodass ein Wechselspiel des Entmenschlichten und des Emotionalen entsteht. 

Die Interviews entwerten in ihrem Auftreten das Formular und ordnen es der persönlichen Geschichte unter. Durch das über-den-Scanner-Ziehen der Formulare werden diese der Dramaturgie der Geschichte unterzogen. Es soll die Souveränität des Individuums über der staatlichen Macht zumindest visuell wiederhergestellt werden. 

über Grenzen gehen soll den zahllosen Artikeln, Titelbildern und Zahlen (vor allem aus den Jahren 2015-2020) drei individuelle Portraits entgegenstellen, welche mit etwas Glück bei der Leser*in persönliche Betroffenheit provozieren und ein Gefühl davon hinterlassen, wie sein kann, über Grenzen zu gehen.

 

 

Das Bildmaterial zeigt Screenshots aus dem virtuellen Migrationsmuseum des Kölner Archivs für Migration DOMID.

 

Seminar: LOST, FOUND & COLLECT, 6. Semester
SEMINAR IN KOOPERATION MIT DEM KÖLNER ARCHIV FÜR MIGRATION – DOMID.

https://domid.org/

Leitung: Ulrike Brückner

 

 

über Grenzen gehen, Buch

 

 

 

 

 

 

 

 

 

der Inhalt des Buchs als Wandbild

 

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