Erster Schritt: „googeln“.
Marzahn-Hellersdorf, Bezirk im östlichen Berlin, ehemaliges DDR Gebiet, 260.000 Einwohner – das ist halb Dortmund! Und tatsächlich: Die größte zusammenhängende Plattenbausiedlung Europas. Das kann ich kaum einordnen, ich brauche einen visuellen Eindruck bzw. einen Überblick.
Also, zweiter Schritt: „google maps“ aufrufen.
Wollen wir mal sehen, wie groß das Gebiet tatsächlich ist. Ich klicke mich durch und zoome heran. Witzig, mir fällt eine Häuserkombination auf, die wie ein Herz geformt ist. Ich klicke weiter: Diese Hochhausanordnung sieht wie ein „S“ aus und die nächste wie ein großes „G“. Je länger ich durch Marzahn „scrolle“, desto mehr Hochhausformationen, die Buchstaben zu formen scheinen, finde ich. Ich fange an Bildschirmfotos zu machen – die Idee ist geboren
Ich nähere mich einem fremden Ort von außen an – ich kenne nichts und niemanden, das dürftige Wissen besteht aus wenigen Assoziationen und unbegründeten Vorurteilen. Berlin Marzahn, Hochhaussiedlung, Plattenbau, wahrscheinlich hässlich, laut und dreckig?
Wie gehe ich mit diesem mir fremden Ort um? Ich möchte mehr wissen, mich vorbereiten. „mABCahn“ – die Typo AUS Marzahn
Die Gebäude entwickeln ihre ganz eigene Sprache und Marzahn ein ganz eignes, charakteristisches Schriftbild. Aus der rein oberflächlichen Betrachtung entsteht ein komplettes Alphabet.
Fremd sein – fremd bleiben?
Mit „google-maps“ kann ich zwar bis zum Sonnenschirm in fremden Gärten schauen, weiß aber dennoch nichts über diesen Ort und seine Menschen. An dieser Oberfläche haften bleiben möchte ich nicht. Ich möchte mehr erfahren, in Kontakt treten, mit Menschen reden, einen Zugang finden und mir das Fremde erschließen.
Ich möchte die voyeuristische, oberflächliche Betrachtungsweise durch persönliche Statements ersetzen und die Bewohner ein eigenes Bild ihrer Heimat entstehen lassen.
Nach 3 Tagen „Klötzchen bauen“ ist mir Marzahn nun gar nicht mehr so fremd und vor allem habe auch ich eine ganz neue Perspektive gewonnen.
4 Tage Marzahn
Nicht nur die Buchstaben werden auf Würfel gezogen greifbar, auch ich gehe in Marzahn in die Tiefe und versuche einen persönlichen Kontakt aufzubauen. Die dreidimensionalen Kuben bieten den BewohnernInnen die Möglichkeit, sich ihr eigenes Marzahn zusammenzustellen.Darüber komme mit ihnen ins Gespräch, sie teilen mit mir Eindrücke, Ärger oder auch Erinnerungen.Was am Ende entsteht ist eine neue Perspektive, ein neues Bild: Eine Sammlung der subjektiven, individuellen Aussagen der AnwohnerInnen, die ein Plakat, ihr eigenes „Marzahn“ ergeben. Marzahn aus der Perspektive der „Marzahner“.
„mABCahn“
Katja Hofschröer-Elbers (2.Semester), 2015
Seminar von Ulrike Brückner: Die Fremden