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Was treibt Menschen an, sich selbst im Internet darzustellen und ihr Privat- und Innenleben zu offenbaren (digitale Veröffentlichung des Privaten)?

Formen der Anerkennung waren früher stärker geregelt durch typische Muster der Lebensführung, die einen den Weg über Schule, Ausbildung, Beruf, Familiengründung und Eigenheim wiesen. Heute liegt eine institutionelle Abflachung vor. Eine veränderte Form der Arbeit und Partnerschaft und zunehmende Loslösung von Kultur an nationalstaatliche Grenzen tragen zu einer Verschärfung von Unsicherheit bei. Und diese wiederum berühren Fragen der eigenen Identität!

Je unübersichtlicher uns die Welt erscheint, je mehr althergebrachte Grenzen eingerissen werden, an die sich unsere Ideen anlehnen können, desto wichtiger wird es, zu wissen, wer wir sind – um einen Fixpunkt auszumachen, an dem wir uns orientieren können. Dazu zeigt man sich, berät sich und fragt nach.

Identitätsbildung ist vielmehr für Menschen zu einer Aufgabe geworden, bei der sie darauf angewiesen sind, von Anderen als Jemand bestimmtes anerkannt zu werden. Es geht darum im Netz und in sich selbst Ordnung herzustellen, auf die Verlass ist, um Vertrauen und Sicherheit, die sich einstellen, wenn „Jemand spürt, dass sein Image stimmig ist“. Diese Prozesse (Meinungen, Ratschläge, Zuspruch, Kommentare) helfen beim Aufbau und Erhalt der eigenen Identität und zur Herstellung von Zugehörigkeit in der virtuellen Gemeinschaft. Um daran teilnehmen zu können braucht man Aufmerksamkeit, um klar zu machen wer man ist, und um auszudrücken „Ich bin da!“, ich gehöre dazu!

Gerade dieses Phänomen tritt auf, wenn wir auf einer Reise sind. Weg vom gewohnten Umfeld. Alles ist fremd, neu, vielleicht ist man sogar alleine und hat durch sein gewohntes Programm (Instagram) die Möglichkeit sich Fixpunkte zu setzen, die vielleicht helfen sich wohler und enger zu seinem gewohnten Umfeld verbunden zu fühlen. Doch wie bin ich individuell, wenn tausende Menschen die gleichen Bilder von sich vor bestimmten Attraktionen schießen?

Das ideale App dafür ist Instagram. Es ist eine kostenlose Foto-und Video-Sharing-App für Android-, iOS- und Windows-Phone-Mobilgeräte, mit der Nutzer Fotos und Videos erstellen und durch Filter verfremden können, um sie anschließend über das Internet anderen zugänglich zu machen. In Anlehnung an die Kodak Instamatic und Polaroid-Kameras haben mit Instagram gemachte Fotos und Videos eine quadratische Form. Das Programm gibt es seit Ende 2010.

Ich mache also ein Foto von mir vor einer Attraktion, lade dieses hoch um eine eigene individuelle Ordnung zu schaffen, möchte damit einen höheren Status in der virtuellen Gemeinschaft erlangen, pushe einen kurzen Moment mein Ego, denke es ist die individuelle Ordnung.

Durch das Onlinestellen geht das „Ich“ verloren und es ist nur eine gedachte Individualität die geschaffen wird. Es kommt zur Auflösung der Individualität durch massenhafte ritualisierte Gleichschaltung, die durch die neuen Medien fossiert aber auch sichtbar gemacht wird. Es tritt also das Gegenteil ein vom eigentlich Gewünschten.

In meiner Arbeit möchte ich genau auf diesen Widerspruch aufmerksam machen. Sind diese Bilder überhaupt sehenswert, wenn es schon Millionen andere davon online gibt?

Dafür bediene ich mich an dem breiten Massenangebot an Fotos bei Instagram. Ich suche mir Bilder heraus die z.B. durch Ortsangaben oder Hashtags markiert wurden und auf eine Attraktion verweisen, wie den Eifelturm, die Statue of Liberty oder den Big Ben. Zu den einzelnen Attraktionen suche ich eine bestimmte Anzahl von Fotos und lege sie übereinander, weil alle das gleiche zeigen (gleicher Ort, Person X). Durch die Überlagerung entsteht ein neues Gesamtbild einer breiten Masse ohne Individualität. Der Mensch verschwindet auf dem Bild und wird somit unbedeutend (anonym), wohingegen die Attraktion, die eigentlich im Hintergrund liegt, zu sehen bleibt und in den Vordergrund gestellt wird. Das Profilbild wird durch die Überlagerung schwarz und die Nutzernamen werden kaum lesbar. Die Kommentare werden ebenfalls gesammelt und dienen als Bildunterschrift.

Die Form des Buches erinnert an ein Fotoalbum in Anlehnung daran, wo private Fotografie ursprünglich präsentiert wurde, in einem kleinem Kreis ausgewählter Personen, meist Freunde und Verwandte. Als Funktion auch eine Vergewisserung von „Ich bin da!“. Was war und was ist, ist in einem Fotoalbum für immer vereint und gibt Selbstsicherheit für alle Erinnerungen.

Seminar Wohin wollen wir eigentlich?
Elena Meyer / 5. Semester

Zoé Paula Lemm
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Janett Jakubow, Aysu Saa, Marie Saldo
Matilda Greiner

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