Szenografie ist, gerade in Dortmund, allgegenwärtig. Wir, Studierende der Fachhochschule Dortmund des Masterstudiengangs Szenografie und Kommunikation, haben es uns zur Aufgabe gemacht, den öffentlichen Stadtraum Dortmunds für kurze Zeit mit einer Intervention zu bespielen. In dem Kurs „Szenografie goes to Dortmund“, welcher von Sabine Hartmannshenn geleitet wird, wurde das Thema und ein Projektrahmen diskutiert und zu einem Konzept ausgearbeitet.
Die Stadt Dortmund ist in den letzten Monaten, wie so viele Städte und Gemeinden, Zufluchtsort für eine große Anzahl von Menschen geworden. Die Flüchtlinge finden hier einen Ort, an dem sie zur Ruhe kommen und Frieden finden sollten. Doch um uns herum scheint der Bereich, in dem wir und die Flüchtlinge sich sicher fühlen sollten, zunehmend kleiner zu werden. Seit Ende des Jahres 2015 häufen sich die Ereignisse. Bedrohliche Vorfälle rücken näher an uns heran und berühren bereits unsere „Komfortzonen“. Uns alle, die wir hier leben und die, die zu uns flüchten, verbindet ein Anliegen, das wir gemeinsam aufrechterhalten sollten: Die Erhaltung des Friedens und der Freiheit. Über sechzig Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges haben wir in Deutschland die Aufgabe, uns mit besonderem Engagement und Besonnenheit dafür einzusetzen, dass wir weiterhin unter diesen guten Bedingungen leben können. Doch wie sicher ist der Frieden eigentlich noch? Ist es nicht ein Widerspruch an sich, mit Waffengewalt für den Frieden zu kämpfen?
Diesen Fragen möchten wir im Rahmen unserer Intervention nachgehen. Wir fordern mehr Aufmerksamkeit für den Frieden und mehr Verantwortung zu seiner Erhaltung! Schließlich ist dies für uns Menschen die einzige Bedingung, unter der wir leben wollen und können! Der Frieden erscheint jedoch als eine permanente Baustelle. Und dieses Bild „Baustelle“ ist Gegenstand unserer Aktion. Der Frieden wird realiter umzäunt und es wird daran gearbeitet. Die Metapher „Baustelle“ gibt den Interpretationsspielraum frei, inwieweit der bestehende Frieden restauriert, der zerstörte Frieden wiederaufgebaut oder der Frieden abgerissen und wegtransportiert wird.
Ein passender Ort für die Aktion mit dem Arbeitstitel „Wir arbeiten dran“ ist der Friedensplatz in Dortmund, auf dem die Friedenssäule steht, die wir einrüsten wollen. Die Friedenssäule ist ein Denkmal für den Frieden, an den wir uns permanent erinnern. Eine „Baustelle“ um sie herum, bedeutet für uns, dass daran gearbeitet wird bzw. werden soll und wir uns um ihren Erhalt bemühen wollen! Der Friedensplatz eignet sich insofern gut für das Thema, weil auch ihm im Alltag nicht besonders viel Beachtung geschenkt wird: Die Menschen nutzen ihn als praktische Transitzone, um schnell zu ihrem Ziel zu gelangen. Jeder Dortmunder kennt diesen Ort, hält sich aber außerhalb von Veranstaltungen nicht länger dort auf. Eine Baustelle mitten auf dem Platz könnte ihm und der Friedenssäule neue Aufmerksamkeit verschaffen.
Als typisches Baustellenelement soll auch ein informatives Schild integriert werden. Anstelle von Informationen zum entstehenden Bau werden dem Betrachter hier Fakten, Statistiken und eine Visualisierungen rund um den Friedenserhalt präsentiert. So beispielsweise wie viel uns der Frieden überhaupt kostet. Auch dieses Detail soll erst auf den zweiten Blick als künstlerisches Element auffallen. Das veränderte Bauschild soll vor allem das Interesse der Passanten wecken.
Das dritte Element der Baustelle wird aus einer Dixi-Toilette bestehen, die neben der Baustelle stehen wird. Hier gehen die fleißigen Bauarbeiter ihrer Notdurft nach. Doch wie man bei der stillen Installation beobachten kann, passiert nicht sonderlich viel beim Frieden. Die „Arbeiter am Frieden“ werden nie bei ihrer Arbeit gesehen. Was sie wirklich tun, bleibt den Gedanken des Besuchers überlassen. Die in der Installation genannten oder angedeuteten Personen und Organisationen stehen exemplarisch für die aktuellen politischen Missstände. Durch das verlassene Erscheinungsbild der Baustelle scheint die Situation aussichtslos. Die vernachlässigte Arbeit soll aufzeigen, dass die Fokussierung auf den Frieden von allen wichtigen Akteuren der Politik notwendig ist, um Lösungen für die Probleme zu finden.
Die Installation wird im Zeitraum vom 12.-16.07.2016 auf dem Friedensplatz zu sehen sein. Es soll eine stille, authentische und temporäre Aktion werden, die für sich steht. Durch die Irritation im Stadtraum und die Neugierde der Passanten soll die Aufmerksamkeit für die Installation geweckt und die Wahrnehmung des Themas geschärft werden.
Dozentin:
Sabine Hartmannshenn
Studierende:
Anja Klusmeier
Simone Obst
Vanessa Inckemann
Karen Dierks
Martina Suchanek
Miriam Evaraers
Julia Sikira
Julian Graf
Jana Neumann
Jennifer Thal
Montage:
Miriam Evaraer